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Vier Körper für ein Halleluja

In den 70er Jahren brauchte es noch vier Fäuste für ein Halleluja, aber seither sind wir älter & weiser geworden – nicht nur Bud Spencer, der das Älterwerden im Grossen & Ganzen ganz charmant hingekriegt hat. Der es auch in fortgeschrittenem Alter noch ordentlich hat krachen lassen, wenngleich natürlich nicht mehr mit den Fäusten …

In diesem Artikel dreht sich alles um unsere „vier Körper“ bzw. die aufmerksame Behandlung aller dieser vier Körper und deren harmonisches Zusammenspiel untereinander – Voraussetzung für ein gutes Lebens-Gefühl:

- Der Physische Körper
- Der Mentale Körper
- Der Emotionale Körper
- Der Spirituelle Körper

Komischerweise trifft man im Leben selten Menschen, deren vier Körper einigermassen harmonisch zusammenspielen. Viel öfter trifft man auf Leute, deren eine „Körper“ stark überlastet sind und deren andere Körper eher ein Schatten-Dasein fristen. So kennen wir alle Menschen, bei denen das Denken alles andere dominiert und die zunehmend unter ihrer übertriebenen Denk-Lastigkeit leiden – weil einfach viel anderes auf der Strecke bleibt. Genauso kennen wir auch Menschen, die sich in eine abgehobene Spiritualität verrannt haben und nur noch von „Intuition“, „Herz“ und „fühlen“ sprechen. Menschen, die sich auf ihren Emotionalen & Spirituellen Körper konzentrieren und ihr Hirn scheinbar in vielerlei Hinsicht abgegeben haben. Und wir kennen auch Menschen, denen der Physische Körper alles bedeutet und die sehr weit gehen für ihr Äusseres und den Erhalt einer gewissen Jugendlichkeit. Und sie alle fühlen sich – wen wundert’s – nicht „ganz“.

Selten treffen wir auf Menschen, die alle vier Körper mit ähnlicher Aufmerksamkeit & Liebe behandeln, die auf die ganz unterschiedlichen Bedürfnisse ihrer verschiedenen Körper eingehen und keinen aussen vor lassen. Denn wir haben nicht umsonst alle vier Körper auf unseren Lebensweg mitbekommen. Wir sind weder ein grosses Hirn auf zwei Beinen, noch sind wir (nur) ein grosses Herz auf zwei Beinen, wir sind auch keine Körper-Hülle mit wenig Inhalt und ebenso wenig ein körperloses, beseeltes Wesen hier auf Erden. Wir sind Menschen mit vier wunderbaren Körpern, die sich alle auf ihre eigene Art ausdrücken & entfalten wollen.

Im Weiteren führe ich das näher aus und zeige Wege auf, die vier Körper (einigermassen) ins Gleichgewicht zu bringen – die Basis für einen gesunden, zufriedenen Alltag. Und wahrscheinlich eine der wichtigsten Erkenntnisse im Leben überhaupt.

Wir werden die vier Körper zwar einzeln betrachten – im wirklichen Leben gibt es allerdings mannigfaltige Interaktionen, d.h. ein ständiges Zusammenspiel und gegenseitiges Beeinflussen dieser vier Körper. Da gibt es keine scharfen Abgrenzungen, sondern jede Menge Schnittstellen & Verknüpfungen, da fliesst alles ineinander über (davon zeugt auch der nachfolgende Text) und wirkt sich entsprechend günstig/ungünstig aufeinander aus.


Der Physische Körper

Der Physische Körper ist unser menschlicher Körper aus Fleisch & Blut & Co.

Viele Menschen kennen ihren Körper in erster Linie als lebenslange Grossbaustelle: der Bauch zu rund, die Muskeln zu schlaff, die Nase zu gross, der Busen zu klein, die Falten zu faltig, der Kopf tut weh, die Gelenke ächzen, der Magen rebelliert, die Stimmung drückt … Her mit den Medikamenten, den Psycho-Pillen, dem Skalpell und all den vielen kleinen Helferlein, um unseren Problemen & Schmerzen Herr zu werden.

Viel zu selten begreifen wir unseren Körper als das, was er eigentlich ist: Ein wahres Meisterwerk, das uns durchs Leben trägt, mannigfaltige Sinnes-Erfahrungen ermöglicht und dem es Sorge zu tragen gilt. Rund 100 Billionen einzelne Zellen arbeiten in faszinierender Weise zusammen – ein Wunderwerk, das auch künftige Generationen erst ansatzweise begreifen werden. Legte man alle Zellen eines Menschen nebeneinander, würde diese „Kette“ etwa 100 x die Erde umschlingen. Wir tragen also bildlich gesprochen welt-umspannende Power in uns!

Um diese auch optimal zu entfalten, braucht unser Körper unsere Aufmerksamkeit & Zuwendung. Zwar kennen wir alle die Vorzüge von genügend Schlaf, gesunder Ernährung, ausreichend Bewegung & Frischluft, Durchatmen & Entschleunigen, physischer & psychischer Balance, Berührungen & Körper-Kontakt und so weiter. Aber im Alltag kommt das alles häufig unter die Räder – und mit zwei Wellness-Wochenenden pro Jahr lassen sich die Versäumnisse des restlichen Jahres nicht wirklich wettmachen. Viel zu oft erscheinen uns andere Dinge wichtiger & dringlicher, jetzt wär‘ zwar eigentlich Feierabend, aber wer feiert denn schon den Abend, also schnell noch Kaffee Nr. 9 runterspülen und auf zum Baumarkt, da ist doch gerade Giga-Spar-Woche, am Imbiss-Stand gibt’s noch warme Pizza, aber sooo ein Mist, das Billig-Regal „Schrotti“ ist bereits ausverkauft, also schnell wieder nach Hause, dann kommen wir noch rechtzeitig vor die Glotze zum Start dieser neuen Promi-Koch-Show auf Kanal Brutzel-7. Klar, man könnte wieder mal selber was Gescheites zubereiten, aber dieser Aufwand, da läuft einem doch das Wasser in den Beinen zusammen … Und sicher, eine schöne Massage würde schon gut tun, aber den Partner kannst du vergessen für sowas, und einen Masseur erst recht, mit diesem Geld jagen wir doch lieber eine Benzin-Füllung rein, haben wir mehr von … Regelmässige Bewegung & Frischluft? Klar, wenn man bloss nicht immer so spät dran wäre und das Wetter besser …

Und unser Körper seufzt leise vor sich hin, er ist schon so viele Stunden gesessen heute … und hat bereits zwei Päckchen Zigaretten geraucht, im übertragenen Sinne. Denn fünf Stunden am Stück sitzen ist ähnlich schädlich wie ein Päckchen Zigaretten rauchen, so US-Mediziner Dr. David Agus. Er empfiehlt daher nachdrücklich, sich den ganzen Tag über immer mal wieder ein bisschen zu bewegen, auch wenn es nur ein paar Minuten sind. Eine Wohltat für den ganzen Körper und insbesondere für unsere Lymph-Bahnen und das Immun-System – und ein ganz einfacher Weg, seltener krank zu werden.

Apropos Krankheit: Es gibt diverse interessante Untersuchungen, die einen gewissen Zusammenhang zwischen bestimmten Gefühlen und bestimmten Krankheiten belegen. Nun bin ich bestimmt kein Verfechter jener Theorien, die behaupten, dass sämtliche Krankheiten ausschliesslich das Resultat unserer Gedanken, Gefühle & Handlungen sind. So weit würde ich nicht gehen. Schliesslich gibt es noch viele andere Faktoren wie Genetik, Mutationen, Ernährung, Umwelt-Gifte, Strahlen-Belastungen etc., die uns allesamt ebenfalls beeinflussen. Aber zweifellos gibt es eine starke Wechselwirkung zwischen unseren Gedanken/Gefühlen und unserem Körper – und zwar in beide Richtungen. Untersuchungen zeigen beispielsweise, dass Ärger (v.a. chronischer, nicht verarbeiteter) in einem gewissen Zusammenhang mit entzündlichen Krankheiten stehen kann – wie etwa dem Magen-Geschwür. Und Schuld- sowie Angst-Gefühle stehen offenbar in einem gewissen Zusammenhang mit Krebs. Ich behaupte nicht, dass diese Gefühle (alleine) auch diese Krankheiten auslösen. Man sollte Menschen nicht doppelt stigmatisieren – so nach dem Motto: Du bist nicht nur krank, sondern auch gleich noch selber schuld daran bzw. ausschliesslich selbst dafür verantwortlich. Aber dass gewisse begünstigende Zusammenhänge & Wechselwirkungen existieren, lässt sich schwerlich wegdiskutieren ...

Wollen wir unserem Körper bzw. uns selber einen Gefallen machen, sollten wir unsere Gefühle fliessen lassen. Auch die quälenden, auch die schmerzhaften, auch die beschämenden. Nicht alles schön-denken, glattbügeln & unterdrücken, sondern annehmen, durchleben & fliessen lassen … und anschliessend wenn möglich wieder befreit vorwärts schauen. Es ist reichlich naiv zu glauben, man könne mit chronischem Positiv-Denken (à la "The Secret") nur noch Positives "anziehen" und das Negative aus dem eigenen Leben verbannen. Also mit anderen Worten den lieben Mitmenschen überlassen, die zu blöd oder zu faul sind, ständig positiv zu denken. Sich selber zum dauernden Positiv-Denken zu forcieren, kann auf Dauer das pure Gegenteil bewirken und uns krank machen. Und das ist nicht der Sinn der Sache. Viel nachhaltiger ist eine grundsätzlich positive Lebens-Einstellung. Eine bejahende, optimistische Sicht aufs Leben – ohne das Dogma des positiven Denkens. Lassen Sie negative Gedanken & Gefühle zu, akzeptieren Sie sie als Teil von sich selbst, geben Sie ihnen einfach nicht zu viel Raum & Energie. Denn Frust, Ärger, Schmerz & Co. müssen raus, brauchen ein Ventil. Ansonsten bleibt das alles präsent in unserem „System“, in unserem Körper, in unserem Denken & Fühlen und kann uns auf Dauer physisch und/oder psychisch krank machen. Stichwort psychosomatische Erkrankungen, Schlaflosigkeit, Frust & Depressionen und anderes mehr. Das ist das wirkliche „Secret“ – ein sauberer Schnitt ins eigene Fleisch. Also lieber die Energien aller Art erst einmal fliessen lassen …

Und vergessen Sie nicht zu lachen! Völlig egal, wie schräg oder eingerostet Ihr Humor ist … völlig wurscht, ob die anderen glauben, Sie hätten nicht mehr alle Nadeln an der Tanne … Lachen hat einen erwiesenermassen günstigen Effekt auf unseren Körper, das belegen viele Studien – wir tun es nur viel zu selten (Kinder lachen durchschnittlich 400 x am Tag, Erwachsene nur noch etwa 15 x). Gleich mal ein kleiner Versuch à la Peach Weber: „Ich beneide dich nicht, du Hämorrhoide – du bist immer am @rsch– und ich nur hin & wieder.“ Na also, geht doch.

Behandeln Sie Ihren Körper grundsätzlich aufmerksam & liebevoll – ob mit oder ohne Hämorrhoiden, mit oder ohne Wunsch-Figur, mit oder ohne Abnutzungs-Erscheinungen & Schmerzen. Verschonen Sie ihn von ständigem Rummeckern an allen möglichen Problem-Zonen – verwöhnen Sie ihn lieber öfter mal für seine langjährigen treuen Dienste. Zum Beispiel mit einem Moment der Präsenz, mit ein paar Sonnenstrahlen auf der Haut, mit ein bisschen Körper-Kontakt, einem entspannenden Wellness-Bad, einer kleinen Massage oder was auch immer Ihnen gut tut. Ich etwa habe vor drei Jahren mein älteres Auto gegen 50 Fuss-Massagen eingetauscht! Leider ist dann aber mein lieber Freund & Nachbar Benny bereits nach sechs Massagen ziemlich abrupt erkrankt und wenig später weggestorben und hat eine grosse Lücke hinterlassen. Nicht nur an meinen Füssen natürlich …

Es gibt so viele Möglichkeiten, dem Körper etwas Gutes zu tun – und dabei auch die anderen drei „Körper“ mit-einzubeziehen. Massage ist eine davon, da kommen auch unsere Gedanken & Emotionen ins Fliegen … Tanzen ist eine andere Möglichkeit, Spaziergänge, Berührungen und vieles mehr. Die wunderbare bayerische Comedienne Monika Gruber würde jetzt sagen: „Liebe Damen, versuchen Sie’s doch mal mit einem Trommel-Kurs gegen vaginale Trockenheit …“ Und US-Kollege Jerry Seinfeld bemerkte in der Serie „Seinfeld“ so treffend: „Eine Wohnung mit zwei Schlafzimmern? Wozu brauche ich denn zwei Schlafzimmer? Ich habe schon genug Probleme damit, dass in einem was los ist …“ 

Apropos Trockenheit: Gönnen Sie Ihrem Körper öfter mal ein Glas Wasser – er besteht nicht umsonst aus etwa zwei Dritteln Wasser. Und er dankt Ihnen natürlich auch eine einigermassen gesunde Ernährung – „man ist, was man isst“ besitzt auch heute noch Gültigkeit. Die Betonung liegt allerdings auf „einigermassen“. Werden Sie keine asketische Dörrpflaume & Spass-Bremse, kein fanatisch-missionarischer Vegetarier/Veganer (höchstens ein locker-flockiger!), keine sozial unverträgliche Salat-Pickerin oder Punkte-Fetischistin, kein eiweiss-gemästeter Zucht-Bulle, keine missgelaunte Kohlenhydrate-Hasserin oder so ähnlich. „Einigermassen“ reicht völlig. Gesunde Ernährung muss keine pseudo-religiösen Züge annehmen – Orthorexie, die krankhafte Beschäftigung mit gesunder Ernährung, ist keine Erlösung, sondern ein selbst gebautes Gefängnis.

In meinem Blog schreibe ich übrigens häufiger über Gesundheit & Ernährung – hier ein Beispiel:
„(Genussvoll) essen, um zu leben – nicht leben, um zu essen“
http://www.besser-fernsehen.ch/blog/entry/genussvoll-essen-um-zu-leben-nicht-leben-um-zu-essen.html


Der Mentale Körper

Der Mentale Körper umfasst unseren Geist, unser Denken, unsere Kreativität & schöpferische Kraft.

Es ist nicht zu übersehen, dass viele von uns zu kopf-lastig durchs Leben gehen. Insbesondere in der ersten Lebens-Hälfte, und ganz speziell während der Schul- & Ausbildungs-Jahre. Als Kind weiss man es natürlich meist nicht besser und beugt sich dem Diktat des übermächtigen „Bulimie-Lernens“: Reinwürgen, rauskotzen für die Prüfungen und viel zu schnell wieder vergessen. Das gilt natürlich nicht für alle Lern-Inhalte – manche sind richtig & wichtig –, aber leider für ziemlich viele. Deshalb vergessen wir auch einen Grossteil unseres Schul- & Ausbildungs-Wissens rasch wieder. Und trotzdem stuft unsere Gesellschaft Schul-, Ausbildungs-, Universitäts- und anderes institutionalisiertes Wissen immer noch sehr hoch ein. Oftmals handelt es sich dabei um längst verschwundenes „Phantom-Wissen“, nur noch vorhanden als Brief & Siegel. Oder um längst überholtes Wissen, weil Zeit & Fortschritt bekanntlich nicht still stehen. Andererseits wertet unsere Gesellschaft das viel umfangreichere Wissen & Können relativ niedrig, das wir uns Tag für Tag selber im Alltag aneignen, wenn wir engagiert & lernbereit durchs Leben gehen. Unsere Identität hängt immer noch (viel zu) stark an irgend welchen Abschlüssen & Titeln und viel zu wenig an unserer effektiven Kompetenz & Weisheit. Eigentlich absurd …

Weniger lernen in Schule & Ausbildung, dafür nachhaltiger & lebensnaher, wäre sooo viel mehr. Modeschöpfer Karl Lagerfeld drückt das in seiner ironisch-trockenen Art so aus: „Ich bin am Montag Morgen immer schlecht gelaunt – vielleicht eine Erinnerung an meine Schulzeit.“ Und natürlich wäre es auch hilfreich, ein bisschen mehr Wissen übers Leben ganz allgemein vermittelt zu bekommen. Nicht umsonst hat etwa US-Medien-Unternehmerin Oprah Winfrey eine ihrer Sendungen – sehr Zuschauer- & werbe-wirksam – „Life Class“ genannt. Und die „Lebens-Schüler & v.a. -Schülerinnen“ strömen in Scharen ins TV-Klassenzimmer bzw. in die virtuellen Schulräume … Oder strömen in „The School of Life“ von Schriftsteller & Philosoph Alain de Botton … oder in ähnliche Einrichtungen …

Wir sehen: Da läuft schon in jungen Jahren einiges schief … und so geht es dann weiter, bis uns die (zu) starke Kopf-Lastigkeit immer mehr zu schaffen macht, weil einfach andere Bereiche im Leben zu kurz kommen. Und weil bei vielen Menschen Beruf & Berufung ziemlich weit auseinander klaffen. Und sehr viele Leute morgens in einen (weiteren) Arbeitstag aufbrechen, von dem sie genau wissen, dass es nicht wirklich der ihre ist. Eine ordentliche Existenz-Grundlage zwar, aber über weite Strecken des Tages ein Gefühl von Gelebt-Werden und nicht von Leben …

Überwiegend in der zweiten Lebens-Hälfte findet dann bei vielen Menschen – speziell bei Frauen – eine Verlagerung zu mehr Emotionen statt. Zu einem stärkeren und ganz bewussten Mit-Einbezug der eigenen Gefühle, des Herzens und des berühmten Bauchgefühls. Begleitet von einer verstärkten Hinwendung zu spirituellen Themen. Diese Entwicklung ist zweifellos richtig & wichtig. Wir sehnen uns nach einem stärkeren Ausgleich zwischen Denken & Fühlen, das passiert meist ganz automatisch mit dem Älterwerden. Zumindest bis zu einem gewissen Grad. Leider wird dabei oft übertrieben, und insbesondere Damen in fortgeschrittenem Alter „kippen“ gerne auf die andere Seite und stellen plötzlich „Spüren“ und „Bauchgefühl“ und „Herz“ über alles. Und scheinen manchmal grosse Teile ihres Verstandes irgendwo abgegeben zu haben, ganz nach dem Motto: Je weniger denken und je mehr fühlen, desto besser. Ein milliarden-schwerer Eso-Markt widerspiegelt nur allzu eindrücklich diese „Gegen-Bewegung“. Liebe Damen, dass Sie sich da mal nicht – beim besten Willen natürlich – ordentlich verrennen! Denken & Fühlen sind gleichwertig, zwei Seiten ein und derselben Medaille, untrennbar miteinander verbunden, und beidem soll ausreichend Rechnung getragen werden im Leben. Es geht nicht darum, das Übertreiben auf die eine Seite durch das Übertreiben auf die andere Seite zu ersetzen. Weder denken noch fühlen sollen den Menschen übermässig dominieren, letztlich geht es – wie so oft – um ein (ungefähres) Gleichgewicht.

Denn wir sind von Natur aus hochgradig schöpferische Wesen, wir wollen kreativ sein, wollen schaffen & erschaffen, jeder nach seinen individuellen Interessen & Fähigkeiten. Wir wollen geistig gefordert & gefördert werden – bloss nicht überfordert in jeglicher Hinsicht. Aber wir wollen & sollen sehr wohl unsere Denk-Fähigkeit entfalten und sinnvoll einsetzen und nicht nur fühlend & spürend durchs Leben „herzeln“. Denn man kann schlecht mit mentalen Bade-Latschen auf intellektuelle, philosophische oder sonst irgendwie anregende „Berg-Wanderungen“ gehen Die meisten Menschen sehnen sich denn auch nach einem ganzen, d.h. denkend-kreativ-schöpferischen und gefühls-betonten Leben mit Herz!

Ohnehin sind Denken & Fühlen untrennbar miteinander verbunden. Je mehr Emotionen etwa – positiv oder negativ – mit einem Gedanken verbunden sind, desto besser bleibt er in unserer Erinnerung haften. Ein altbekannter Zusammenhang. Jetzt würde man vielleicht meinen, dass uns Entscheidungen leichter fallen, wenn wir unsere Gefühle abkoppeln könnten vom Denk-Prozess. Aber genau das Gegenteil ist der Fall: Wir werden praktisch entscheidungs-unfähig! Untersuchungen mit Unfall-Opfern, deren Emotions-Zentren im Gehirn beschädigt worden waren, zeigten erschreckende Resultate: Diese Menschen waren praktisch über Nacht unfähig geworden, selbst einfachste Entscheidungen zu treffen. Sie waren bereits mit leichtesten Entscheidungen überfordert, obschon sie doch jetzt eigentlich ganz rational & vernünftig und ohne emotionale Stör-Feuer hätten entscheiden können. Ein eindrücklicher Beweis dafür, wie untrennbar Denken & Fühlen miteinander verzahnt sind …

Überhaupt gibt es jede Menge Untersuchungen & Studien zum Thema Entscheidungs-Findung – und je nach Situation bzw. Fragestellung schneidet entweder der aufwändige Denk- & Vergleichs-Prozess (Logik, Statistik, Hilfs-Tools) oder aber das „schnelle“, bequeme Bauchgefühl, sprich die Abkürzung zur Entscheidung, besser ab. Es ist recht gut dokumentiert, dass es kein Patent-Rezept für Entscheidungen gibt. Meist werden ohnehin irgendwelche Misch-Formen angewandt. Denn in unser Bauchgefühl fliessen ja nicht nur unsere Emotionen mit rein, sondern unser gesamtes Denken & Wissen, unsere Fähigkeiten, Erfahrungen etc., „the whole enchilada“, wie die Amerikaner so schön sagen. Also oben „was Gscheites“ reinfüllen kommt durchaus auch dem Bauchgefühl zugute! Es hängt alles zusammen und voneinander ab …

Das Bauchgefühl ist der schnellste & bequemste Weg zu vielem, darum wird es auch so gerne gewählt. Aber es ist – wie gesagt – nicht immer der beste bzw. alleine selig machende Weg. Ein einfaches Beispiel: Sie haben bestimmt schon öfter gedacht, diese Person ist vertrauenswürdig, ich hab‘ ein gutes Bauchgefühl – aber stattdessen spürten Sie später leider doch das Messer im Rücken. Oder Sie haben geglaubt, dieser Partner ist bestimmt der Richtige, mein Bauchgefühl trügt mich nicht – und dann war’s halt doch wieder nichts, trotz gaaanz viel positivem Bauchgefühl. Wir kennen alle genügend solcher Beispiele, verdrängen sie aber gerne, weil wir uns doch sooo viel einbilden auf unsere Intuition & Menschenkenntnis … nicht wahr, liebe Damen?

Trotzdem bleibt es natürlich ratsam, sich in bestimmte Situationen bzw. Alternativen hineinzudenken und versuchen zu spüren (mit Herz & Bauch), wie man sich dabei fühlt. Das ist schon mal ein guter Anfang …

Seien wir also dankbar für Herz und Hirn – wir würden sonst wohl heute noch in Höhlen sitzen mit Fellen um den Bauch oder so ähnlich. Klar, viele Entwicklungen sind übers Ziel hinausgeschossen, aber unser Verstand hat uns wertvolle Errungenschaften & Segnungen beschert. Das Wichtigste scheint mir, mental offen zu bleiben für neue Entwicklungen & Erkenntnisse, für andere Ansichten & Meinungen, für ein ständiges Lernen & (Beg)Reifen. Denn ein Verstand, eine Meinung, eine Weltanschauung ist nichts Starres, sondern etwas Veränderliches. Eine Meinung etwa kann man immer ändern, wenn bessere Argumente & Erkenntnisse auftauchen. Die eigenen Ansichten, die persönliche Weltanschauung, den eigenen Glauben kann man ohnehin nie copy-past-mässig von jemand anderem übernehmen. Nicht von den Eltern, nicht vom Partner, nicht von irgendwelchen Instanzen, nicht von Freunden & Kollegen, nicht von der Gesellschaft oder von wem auch immer. Das muss man sich schon selber erdenken, erspüren, entwickeln, reifen lassen … Auch wenn einem andere Menschen natürlich wertvolle Impulse geben können …

Und zuweilen liefern uns auch das Internet bzw. die Medien generell interessante Impulse – aber leider ziemlich selten. Daher lässt man sich wohl besser nicht ständig von allem möglichen Medien-Müll und jeder Menge Hopsasa & (Promi-)Trallala von den wirklich relevanten Themen ablenken … von dieser globalen Zerstreuungs-Kultur einlullen, die mit spassigen Banalitäten den Alltag der Menschen schmiert & salbt … und vom riesigen Social-Media-Zirkus, der die Menschen unter dem Strich zunehmend stresst & überfordert, weil sie mit so vielen Fassaden & unliebsamen Vergleichen konfrontiert werden … Die ganze digitale Informations- & Kommunikations-Flut eignet sich leider nur bedingt zur Generierung von Wissen & Weisheit im Hinblick auf einen besseren Alltag und ein zufriedeneres Leben.

Einer meiner Lieblings-Dialoge aus einer amerikanischen TV-Serie: „Besondere Kennzeichen?“ „Er ist verwirrt und kann nicht mehr klar denken.“ „Aha. Diese Beschreibung trifft auf ungefähr die Hälfte der Stadt-Bevölkerung zu …“

Fazit: Betrachten Sie Ihren Verstand als wunderbares Geschenk und benutzen Sie ihn nach besten Wissen & Gewissen! Erfreuen Sie sich an seinem riesigen Leistungs-Vermögen und seinen mannigfaltigen Einsatz-Möglichkeiten. Bringen Sie sich mit ganzer Kraft in diese Welt ein: Geistreich, kreativ, schöpferisch, offen, kritisch, beweglich, neugierig, lernbereit, inspirierend und mit viel Lebensfreude, Mut & Tatkraft! Ein Weg entsteht, indem man ihn geht.

Mehr zum Thema Kreativität:
„Kreative Zeit-Verschwendung“
http://www.besser-fernsehen.ch/blog/entry/kreative-zeit-verschwendung.html

Mehr zum Thema Intelligenz:
„Intelligenz – vererbt oder geschickt getunt“?
http://www.besser-fernsehen.ch/blog/entry/intelligenz-vererbt-oder-geschickt-getunt-1.html


Der Emotionale Körper

Der Emotionale Körper umfasst unsere Gefühle, unser Herz & Bauchgefühl.

Wir kommen zwar als gefühlsbetonte Wesen mit Herz-Dominanz zur Welt und können in den ersten Lebensjahren gar nicht anders, als unsere Emotionen auszuleben. Schon bald aber wird der Emotionale Körper im Kind zunehmend zurückgedrängt, und der Verstand nimmt immer mehr Raum ein. Der Mentale Körper dominiert denn auch bei den meisten Menschen die erste Lebens-Hälfte, bis sich der Emotionale Körper wieder stärker Gehör verschafft und Schritt für Schritt Terrain zurückgewinnt. Meistens passiert das irgendwo zwischen dem 35. und 50. Lebensjahr – nicht nur bei Hardcore-Esoterikerinnen auf endlosem Selbstfindungs-Trip. Das ist der ganz normale Lauf des Lebens, des Älterwerdens, und das ist auch gut so. Wir werden zunehmend des ständigen – und so oft quälenden – Denkens müde. Denn unsere Gedanken haben die unangenehme Eigenschaft, sich ständig zu wiederholen. Wenn wir morgens aufstehen, ziehen wir wieder (fast) das gleiche „Gedanken-Kostüm“ an, das wir schon gestern & vorgestern und letztes Jahr getragen haben. Über drei Viertel unserer täglichen Gedanken sind identisch mit jenen des Vortages (im Durchschnitt) – auch wenn uns das meistens gar nicht bewusst ist. Und darüber hinaus sind unsere Gedanken auch noch sehr stark personen-bezogen. Das tönt dann etwa so in einem Frauen-Kopf: Mein Mann hat mich wieder genervt mit seinen unbedachten Äusserungen, meine Mutter meint immer noch zu wissen, was das Beste für mich ist, mein Chef ist ein @rsch, diesen Kollegen könnte ich umbringen, warum tut es eigentlich niemand, ich muss noch staubsaugen & einkaufen, den Rasen mähen, diese neue Sendung aufnehmen, George Clooney ist doch bestimmt schwul, morgen beginne ich nochmals diese neue Diät, aber richtig jetzt, meine Tochter bringt mich noch zur Weissglut mit diesem neuen Macker-Freund, meiner Nachbarin hat’s doch ins Hirn geschneit, dieser dummen Ziege, aber stopp, jetzt muss ich dringend positiv denken, ich will ja Positives „anziehen“, jetzt denk ich positiv, positiv, positiv, die Sonne scheint, es geht mir gut, schubidubidubiduuu … So etwa kann es in unseren Köpfen tönen, immer wieder die gleichen Personalien, die gleichen Aufgaben, die gleichen Selbst-Beschwörungen, der gleiche Senf … viele ausgetretene Pfade eben …

Wir denken leider sehr wenig Neues, Inspirierendes, Kreatives, Mutiges, Schöpferisches und so ähnlich. Knapp zwei Drittel unserer täglichen Gedanken-Flut sind weitgehend überflüssig oder gar schmerzlich bzw. schädlich. Krass, nicht wahr … Und mit diesen Gedanken werden auch gleich die entsprechenden Gefühle „mitgeliefert“, denn Gedanken & Gefühle sind untrennbar miteinander verbunden, wie wir schon gesehen haben. So erinnern wir uns denn auch am besten an Gedanken oder Ereignisse, die mit starken Gefühlen verbunden sind – sowohl positiv als auch negativ. Der berühmte Hochzeits-Tag etwa, ein toller Film, das erste eigene Auto, dieser Unfall damals, eine verpatzte Rede und so weiter …

Sich dieser tiefen Verstrickung von Gedanken & Gefühlen bewusst zu werden, ist schon mal ein sehr guter Anfang in eine angenehmere Gedanken- & Gefühls-Welt.

Und jetzt kommt die wirklich gute Nachricht: Wir SIND nicht unsere Gedanken! Und wir SIND auch nicht unsere Gefühle! Diese ganz elementare Erkenntnis erleichtert das Leben ungemein. Wir sind nicht unsere so oft schmerzlichen & quälenden Gedanken-Mühlen, die zu einem grossen Teil die immer gleichen Gedanken herunter-rattern. Achten Sie mal bei Gelegenheit ganz bewusst darauf, was Sie so alles denken über einen bestimmten Zeitraum hinweg (z.B. eine Stunde). Das ist eine sehr hilfreiche Übung, die man auch schriftlich machen kann. Da beginnt man zu realisieren, wie viel Stuss man ständig denkt, und wie sehr einen das auch gefühlsmässig belasten kann. Aber wir müssen nicht alles glauben, was wir da denken! Da ist so viel Unsinn dabei und so viel Unwahres, bei uns allen. Wir müssen das nicht alles für bare Münze nehmen. Wir können viele unserer schmerzlichen Gedanken als unwahr entlarven, wenn wir bloss genauer hinschauen. Wenn wir unsere Gedanken – quasi wie von aussen – einer genaueren Prüfung unterziehen. Wir können das, denn wir sind ja nicht unsere Gedanken. Da entpuppt sich so mancher Gedanke als unsinnig & unwahr …

Eine ungemein befreiende Erkenntnis fürs Leben. Wir sind letztlich das zwischen oder hinter oder jenseits unserer Gedanken & Gefühle, wie auch immer man das nennen will …

Mit dieser Übung wollen wir nicht unsere schmerzlichen Gedanken verdrängen oder verurteilen, sondern wir „beobachten“ sie sozusagen fast wie ein Aussenstehender aus einer gewissen Distanz, wir schauen sie bewusst an und lassen sie anschliessend weiterziehen. Und damit dürfen auch die schmerzlichen Emotionen weiterziehen … Durch Bewusstsein & Beobachtung setzen wir eine allmähliche Veränderung in Gang … nicht von heute auf morgen … aber wir verfeinern langsam unsere Wahrnehmung … auch für Unwahrheiten & Illusionen aller Art in unseren Köpfen … und wir öffnen schrittweise unser Herz und schärfen unsere Intuition & Empathie …

… und schaffen Raum für sogenannte „Erlösungs-Geschichten“ – Erlösungs-Geschichten nicht im religiösen, sondern im psychologischen Sinn. Mit Erlösungs-Geschichten machen wir unser Leben verständlicher & erträglicher. Psychologen sprechen vom „Motiv der Erlösung“, wenn sich etwas ursprünglich Schlechtes, Schlimmes, Schmerzliches rückblickend zum Guten gewandelt hat. Mit Hilfe der Zeit, mit Hilfe neuer Erkenntnisse, mit Hilfe eines persönlichen Lern- & Reife-Prozesses. „Turn your wounds into wisdom”, wie ein altes amerikanisches Sprichwort so schön sagt, verwandle deine Wunden in Weisheit. Erlösungs-Geschichten sind Balsam für unsere Identität, für unser Herz und unsere Seele.

Eine typische Erlösungs-Geschichte geht in etwa so: Als sich mein Partner aus dem Staub machte, wollte ich nicht mehr leben. Ich konnte morgens kaum aufstehen, und nichts mehr machte mir Freude. Bis ich langsam dank guter Freunde und professioneller Hilfe realisieren durfte, dass ich mir seit Jahren etwas vorgemacht hatte. Dass meine Partnerschaft schon lange keine Partnerschaft mehr war, sondern bloss noch eine schmerzhafte Abhängigkeit meinerseits. Ich hatte Angst vor dem Alleinsein, wollte nicht wahrhaben, dass mich mein Partner belogen & betrogen hatte und sich nicht mal gross Mühe gab, dies zu verbergen. Ich habe ihm ja ohnehin alles verziehen und meine eigenen Wünsche & Bedürfnisse ganz weit hinten angestellt. Nach dem unfreiwilligen Ende meiner Beziehung habe ich langsam wieder gelernt, mich selber zu spüren und meine eigenen Bedürfnisse zu formulieren. Rückblickend betrachtet war es eine wertvolle Erfahrung, die mich persönlich weiter gebracht hat.

Wir kennen alle solche Erlösungs-Geschichten. Gerne spielen sie auch im beruflichen oder im gesundheitlichen Umfeld, wo etwa Krankheit rückblickend als Bewusstseins-Erweiterung und Chance zur Veränderung interpretiert wird. Erlösungs-Geschichten machen Schwieriges & Schmerzliches erträglicher. Sie machen das Leben begreifbar – für uns und für andere. Sie geben uns das gute Gefühl, dass unser Leben doch irgendwie Sinn macht. Wir Menschen wollen das Leben als Weg mit Entwicklungs-Möglichkeiten begreifen, wir wollen Lebens-Aufgaben meistern – wir wollen uns vergewissern, dass letztlich nicht alles umsonst gewesen ist. Dass das Schlimme & Schreckliche & Schmerzliche doch irgendwie nötig oder zumindest hilfreich war, um daraus zu lernen, zu wachsen und zu reifen. Dann ist so manches sehr viel leichter zu ertragen, und wir fühlen uns merklich besser. Es geht dabei nicht um Schön-Reden oder Verdrängen (diese „Abkürzungen“ greifen meistens ins Leere …) – es geht um Sinn & Verständnis, um Liebe & Empathie, um Vergebung & Vorwärts-Schauen im Leben. Auch die unzähligen Vorher-Nachher-Geschichten dieser Welt sind meistens nichts anderes als Erlösungs-Geschichten

Wir halten fest: Stehen Sie zu Ihren Emotionen, lassen Sie Ihre Gefühle fliessen und verdrängen Sie sie nicht – aber lassen Sie sich auch nicht von ihnen bestimmen. Und ja: Ein grosser Verstand lässt sich bestens mit einem grossen Herzen kombinieren! Man könnte es auch so formulieren: Mit dem Herzen wieder mehr denken und mit dem Verstand wieder mehr fühlen …

Mehr zum Thema Gedanken- & Gefühls-Flut:
„60'000 Gedanken & Gegenstände“
http://www.besser-fernsehen.ch/blog/entry/60-000-gedanken-gegenstaende.html

Mehr zum Thema Leben, Wachsen, Reifen & Sterben:
„Süchtig nach Erlösungs-Geschichten“
http://www.besser-fernsehen.ch/blog/entry/suechtig-nach-erloesungs-geschichten.html


Der Spirituelle Körper

Der Spirituelle Körper versteht sich als Teil von etwas Grösserem, Göttlichem, Ewigem.

Nein, den Weg zur Erleuchtung kenne ich nicht – ich kann mit solchen Begriffen nichts anfangen. Ich mache lieber einen kleinen Scherz zur Auflockerung: „Dieser Typ ist so tief gesunken – er müsste hochkriechen, um die Hölle zu erreichen.“ Smile …

Es geht hier allerdings nicht um religiös oder nicht religiös – einen Spirituellen Körper tragen wir alle in uns, und zwar spätestens seit unserem ersten Atemzug! Der menschliche Glaube scheint evolutionär bedingt zu sein, tief in unserem Bewusstsein verankert, eine anthropologische Konstante sozusagen, die sich durch alle Zeiten & Kulturen hindurchzieht. Der Mensch hat ein tief sitzendes Bedürfnis nach Spiritualität und übersinnlichen Phänomenen, das sich heute etwa in der Pflege alter Traditionen wie Meditation & innere Bewusst-Werdung, in Atem- & Entspannungs-Techniken, in Yoga oder Ayurveda, in bewusster Ernährung, in Management-Kursen mit spirituellem Touch und ganz allgemein in einem anhaltenden Esoterik-Boom ausdrückt. Ausnahmen bestätigen natürlich wie immer die Regel. Aber für sehr viele Abtrünnige der Kirchen war Gott nie tot, er hatte nur das christliche bzw. religiöse Gesicht verloren. Und viele Menschen flüchteten in eine fernöstliche Spiritualität oder irgend eine Form von Esoterik, die sich als Ersatz-Religionen anboten. Spiritualität & Esoterik entsprechen dem Trend von Privatisierung des Religiösen – entsprechend viele „Freestyle-Mystiker“ aller Couleur tummeln sich auf diesem weiten Feld. Diese Flexibilität erweist sich natürlich auch als wirtschaftlicher Vorteil, wir sprechen hier von einem Multi-Milliarden-Business. Spirituelle Bedürfnisse, die in unserem säkularisierten Alltag kaum mehr Platz finden, haben sich durch die Hintertüre wieder ins Leben so vieler Menschen eingeschlichen. Heute überflügelt etwa die heterogene Gruppe „Esoterik-Gläubiger“ zahlenmässig bei weitem die aktiven gläubigen Katholiken.

Aber selbst wer einen Bezug zur Transzendenz ausschliesst – wie Atheisten oder Agnostiker –, hat letztlich ein spirituelles Anliegen, wenn er die Sinn-Frage im Leben stellt.

Früher waren viele Menschen religiös. Heute sind viele Menschen spirituell – auf die eine oder andere Art & Weise. Durch den Vorder-Eingang sind die Leute aus der Kirche ausgetreten, durch den Hinter-Eingang wieder „reingeschlichen“ via Spiritualität & Esoterik. Und so viele Menschen brauchen wieder die gleichen Wörter wie früher als Kinder in der Sonntagsschule: Glaube, Achtsamkeit, Gott, Christus, Engel & Erzengel etc.! Weil es ihnen ein tiefes Bedürfnis ist – und weil viele andere „Werte“ wie die traditionelle Kirche, die Familie, die Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Kultur und anderes mehr schlicht & ergreifend keinen Halt (mehr) bieten.

Die Menschen spüren, wenn sie ihre Religion gegen jegliche Absenz einer höheren Macht eintauschen, haben sie unter dem Strich einen schlechten Tausch gemacht. Hatten sie vorher wenig, haben sie jetzt gar nichts mehr. Also versuchen sie diese Leere anderweitig zu füllen. Mit irgendetwas, das bitteschön Sinn verleihen soll – also zum Beispiel mit Spiritualität. Und das ist grundsätzlich keine schlechte Wahl (jenseits zahlreicher dubioser Eso-Angebote, die als Spiegel unserer Gesellschaft primär Orientierungslosigkeit & Einsamkeit vieler Menschen ausnutzen). Denn das ständige Hetzen ins Nirgendwo bietet dem modernen Menschen keinen Sinn.

Spiritualität beinhaltet nach alter asiatischer Tradition Bewusstsein, Wahrheit & Freude. Sie findet dort statt, wo einem das Herz aufgeht. Spirit ist – vereinfacht ausgedrückt – jener Teil in uns, der von Hoffnung lebt. Von Hoffnung, dass etwas existiert, das grösser ist als wir, das über uns & unsere kurze irdische Existenz hinausgeht – etwas Lichtvolles, Universelles, Ewiges. Und hier sehen wir uns auch bereits mit der Kern-Frage unserer Existenz konfrontiert: Ist uns das Universum grundsätzlich freundlich gestimmt? Hält es Licht & Liebe, eine schützende Hand und so etwas wie Unvergänglichkeit für uns bereit? Gibt es eine schöpferische Kraft – wie immer man diese auch nennen will –, mit der wir auf positive Weise verbunden sind?

Über solche Fragen kann man sich ein halbes Leben lang den Kopf zerbrechen – und am Ende nicht klüger sein als vorher. Oder man kann einfach annehmen, dass es so ist. Dass uns dieses Universum freundlich gestimmt ist und dass es so etwas wie eine schöpferische göttliche Kraft gibt, mit der wir durch jeden Atemzug verbunden sind. Es lebt sich einfach leichter mit irgendeiner Form von „Anbindung" an etwas Grösseres, Göttliches, Ewiges. Der Mensch tut sich unheimlich schwer mit der Vorstellung, dass dieses eine Leben alles gewesen sein soll. Dass letztlich alles vergebens gewesen ist. Wir wollen, dass es irgendwie weiter geht. Mit uns. Mit dem, was uns ausmacht und wichtig ist (Kinder müssen ihre eigenen Wege gehen ...). Wir brauchen diesen Spirit, diese Hoffnung – ich sage immer, es ist ein bisschen wie „Snoopys Decke", Snoopys Wohlfühl-Decke –, es gibt uns ein gutes Gefühl. Und natürlich lässt es sich grundsätzlich einfacher leben, wenn man sich irgendwie behütet fühlt in dieser doch oftmals brutalen & kalten Welt. Wenn man sich verbunden fühlt mit etwas Göttlichem & Lichtvollem, beschützt von einer höheren Instanz. Ganz egal, wie man diese auch nennen will – Gott, Universum, schöpferische Kraft, Divine Order, Natur, göttliches Gesetz oder wie auch immer. Wenn man ein Gefühl von Einbettung in etwas Ganzheitliches verspürt, ein gewisses Ur-Vertrauen, eine gewisse Zuversicht. Wenn man sich aufgehoben fühlt in dieser Welt.

Wie können wir also einen spirituellen Weg einschlagen? Überhaupt nicht! Brauchen wir auch nicht – obschon das oft suggeriert wird. Denn das haben wir bereits mit unserem ersten Atemzug getan. Unser Lebens-Weg war von Beginn an (auch) ein spiritueller. Es geht auch nicht darum, “spiritueller” zu sein als andere oder den weitesten, beschwerlichsten „spirituellen Weg“ einzuschlagen. Man muss auch nicht unbedingt suchend dreimal die Erde umkreisen auf allen Jakobs- & ähnlichen Wegen dieser Welt und sich in Endlos-Schlaufen der Selbstfindung verlieren. Jeder kann jederzeit an jedem Ort in die Präsenz eintauchen, in die Tiefen-Dimension der Gegenwart. Das Göttliche liegt in jedem Atemzug – es ist nicht der Lohn für Spitzensportler der Frömmigkeit bzw. Spiritualität.

Tauchen Sie öfter mal ein in die Präsenz, ein paar Sekunden, ein paar Minuten oder auch länger – egal, wie es gerade hinkommt. Man könnte es auch Meditation nennen, denn Meditation ist letztlich nichts anderes als Präsenz, ein ganz natürlicher Daseins-Zustand (auch wenn gerne ein grosses Tam-Tam drum herum veranstaltet wird, Business lässt grüssen … ). Nein, Sie brauchen keine spezielle Technik. Sie brauchen auch keine spezielle Anleitung, kein Fachbuch, kein Seminar (kann man alles machen, braucht man aber nicht). Sie brauchen auch keinen speziellen Ort und keine speziellen Utensilien. Sie können ja nichts falsch machen! Sie müssen einfach nur zur Ruhe kommen, Denken & Fühlen sozusagen „zuklappen“ und in die Tiefen-Dimension der Gegenwart eintauchen. Sie ist immer da – egal wann und wo. Jeder kann jederzeit – bildlich gesprochen – die „Reset-Taste“ drücken, und viele Menschen empfinden es denn auch als wohltuenden Waffen-Stillstand mit sich selber. Wohltuend im Sinne von nicht mehr denken müssen, nicht mehr fühlen müssen, raus aus der Zeit und allen anderen Illusionen und einfach nur noch sein. Und wenn trotzdem Gedanken auftauchen (und das werden sie …) – kein Problem, wahrnehmen und vorüberziehen lassen wie Wolken … Mit der Zeit werden die „Wolken“ automatisch weniger …

Auch die Wissenschaft streicht heute die positiven Effekte heraus. Arzt & Glücks-Forscher Dr. Tobias Esch: „Was der gesunde Menschenverstand und die alten Kultur-Kenntnisse schon lange über Meditation lehrten, hat nun eine wissenschaftliche Basis – die neurobiologisch fundiert ist. (…) Man hat heute mit recht grossem Erfolg bei den unterschiedlichsten Personen- & Patienten-Gruppen etwa Achtsamkeits-Übungen eingeführt: Die tägliche Verabredung mit sich selbst, bei der man sich eine Weile völlig auf das Jetzt konzentriert, ist wirklich ein probates therapeutisches Mittel. Kein Wundermittel, aber es wirkt! Es lässt sich auch im Alltag praktizieren: etwa beim Genuss jeder Gabel beim Essen. Es sind die alten Regeln, die auch hirn-physiologisch Sinn ergeben: eine halbe Stunde Bewegung pro Tag, Fokus auf den Moment statt auf die Sorgen von morgen, Gemeinschaft erleben. Neurobiologisch heilsam ist beispielsweise auch das Singen, und der Chor-Besuch verbindet gleich mehrere Elemente eines gesunden Lebens-Stils.“

Stimmt. Man könnte noch weitere Tätigkeiten anfügen, die mehrere „Körper“ in angenehmer Weise mit-einbeziehen und uns in verschiedener Hinsicht gut tun – Spaziergänge etwa, Natur-Genuss generell, Yoga und andere Bewegungs-Formen, Garten-Arbeit, Klettern, Tanz, Poesie, Musik hören & machen, Künste aller Art, Wellness und vieles mehr. Ganz nach persönlichem Gusto … Es gibt viele Wege einer lebendigen Verbindung mit etwas Göttlichem, Universellem.

„The real meditation“, sagt US-Mediziner & Wissenschaftler Jon Kabat-Zinn so schön,
„is how you live your life“.


Die wirkliche Meditation ist dein Leben.

Und abschliessend nochmals Dr. Esch: „Der Glaube an eine wie auch immer geartete höhere Ordnung, auch eine optimistische Grundhaltung haben – medizinisch betrachtet – durchaus heilsame Effekte. (…) Wer irgendeine Ordnung der Dinge ausmachen kann, in der er ein Teilchen, ein Rädchen ist, lebt oft gesünder, eventuell auch länger, zufriedener. So ein Mensch scheint der Gegenwart oft mit einer Präsenz und Achtsamkeit zu begegnen, die jemand, der sich auf dauernder Treibjagd befindet, vielleicht nicht in dem Masse entwickelt. Eine Art von Glauben oder Zutrauen scheint ein biologisch wirksamer Schutz-Faktor zu sein.“

Der Sinn des Lebens ist – Leben.
Mit allen vier Körpern!


Mehr zum Thema Spiritualität:
„Spiritualität als Snoopys Decke“
http://www.besser-fernsehen.ch/blog/entry/spiritualitaet-als-snoopys-decke.html

Mehr zum Thema Präsenz:
„Falling into Presence“
http://www.besser-fernsehen.ch/blog/entry/falling-into-presence.html





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